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Pflanzen- und Tierproduktion





          Uwe Eilers, Dr. Elisabeth Gerster


          Weideverhalten von Milchkühen bei automatischem

          Melksystem (AMS) und Weide-Selektionstor



          Weidegang und automatisches Melken sind in der Milcherzeugung Süddeutschlands zwei Trends, die
          vermehrt Verbreitung in der Praxis finden. Automatische Melksysteme und technische Einrichtungen
          zur individuellen Steuerung des Weidegangs (Weide-Selektionstore), die häufig zum Einsatz kommen,
          eröffnen die Möglichkeit mit Hilfe der Tieridentifikationen das Verhalten von Kühen bezüglich Melken
          und Weidegang sowie Einflüsse zu untersuchen. Kenntnisse über das Weideverhalten von Milchkühen
          bieten die Möglichkeit, das Melksystem sowie die Steuerung des Weidezugangs entsprechend ihrer
          natürlichen Bedürfnisse einzustellen, da das Weide-Selektionstor häufig zu Ablehnungen von Weide-
          gängen führt. Auch lassen sich daraus Anhaltspunkte für tiergerechte und praxisnahe Weidevorgaben
          für die Erzeugung von Weidemilch (BLE 2020) oder den ökologischen Landbau ableiten.




                                       atengrundlage waren die Datensätze   AMS und am Weide-Selektionstor auf Ein-
                                   D„Routing Visits“ der Melktechnikfirma   zeltierbasis mit Zeitstempel und weiteren tier-
                                   eines Projektbetriebes in Oberschwaben in   bezogenen Informationen, wie Laktations-
                                   folgenden Zeiträumen: 01.05.2017 bis     nummer und Laktationstag. Insgesamt lagen
                                   30.09.2017 sowie 01.05.2019 bis 30.09.2019.   2017 für 44 Tiere 36.439 Datensätze und
                                   Die Dateien enthalten jede Tiererkennung im   2019 für 43 Tiere 29.139 Datensätze zur Aus-
                                                                            wertung vor.



          Bild 1: Melkroboter; Quelle: Oliver Scherer                         Ergebnisse

                                                                            Die Auswertungen der Tieridentifikationen
                                                                            lassen eine Tagesrhythmik und einen Einfluss
                                                                            des Alters der Kühe erkennen. Die höchste
                                                                            Frequenz am Weidetor entsteht während der
                                                                            Abend- und Nachtstunden. Die Kühe des
                                                                            Projektbetriebes gehen freiwillig unter den
                                                                            gegebenen  Rahmenbedingungen im Mittel
                                                                            einmal täglich 6,3 Stunden auf die Weide, das
                                                                            Minimum beträgt 0, das Maximum 3,5 tägli-
                                                                            che Weidegänge mit einer Dauer von knapp
                                                                            18 Stunden. Die Laktationsnummer hat einen
                                                                            hochsignifikanten Effekt auf das Weidever-
                                                                            halten, während das Laktationsstadium kei-
                                                                            nen signifikanten Einfluss hat. Kühe in der 3.
                                                                            und 4. Laktation gehen mit im Mittel 1,38 Mal
                                                                            täglich am häufigsten und mit 8,3 Stunden am
                                                                            längsten auf die Weide, während ältere Kühe
                                                                            ab der 5. Laktation die geringste Weideaktivi-
                                                                            tät zeigen (Abb. 1). Die beiden untersuchten
                                                                            Parameter tägliche „Anzahl Weidegänge“ und
                                                                            „Weidegangdauer“ sind mit einem Korrelati-
                                                                            onskoeffizienten von R² = 0,9 sehr eng kor-
                                                                            reliert.



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