Page 25 - Landinfo Heft 2/2018 Schwerpunkt 150 Jahre Weinsberg
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Betrieb und Markt
werte gegenüber einer konventionellen fossi-
len Ökonomie. Denn ein intensiver Anbau
von nachwachsenden Rohstoffen an ungeeig-
neten Standorten kann ebenfalls zur Emissi-
on von klimaschädlichen Gasen führen.
Daher muss bei der Transformation von einer
fossilen Durchflussökonomie hin zu einer
auf geschlossenen Stoffkreisläufen und Wert-
schöpfungsnetzen beruhenden Bioökonomie
die zur Verfügung stehende Biomasse in ers-
ter Linie sehr effizient und im Einklang mit
den Zielen des Umwelt-, Klima- und Natur-
schutzes erzeugt, bereitgestellt und genutzt
werden. Um dies zu erreichen ist es notwen-
dig, dass die Forschungs-, Agrar-, Wirt-
schafts-, Verbraucher- und Entwicklungspo-
litik sehr eng miteinander kooperieren. Unter- Und was macht Baden-Württemberg? Abbildung 2
stützt wird dieses Ziel auch durch eine ver- Schematische Darstellung der
stärkte kaskadenartige Nutzung pflanzlicher In Baden-Württemberg wurde im Jahr 2014 Kaskadennutzung von pflanzlicher
Biomasse, inhaltlich entnommen
Biomasse. mit dem Forschungsprogramm Bioökonomie aus „Bioökonomie für Einsteiger“,
Baden-Württemberg der Grundstein für die Springer-Verlag 2017.
Hierbei erfolgt zum Beispiel im ersten Nut- zukünftige Ausgestaltung einer biobasierten
zungsschritt die Erzeugung von Nahrungs- Wirtschaft im Land gelegt. In diesem Pro-
und Futtermitteln. Sie ist und bleibt in der gramm werden 14 Millionen Euro über einen
Bioökonomie die wichtigste Verwertungs- Zeitraum von fünf Jahren für die Förderung
form von Biomasse. Die Sicherstellung der von Forschungsverbünden in den drei Hand-
globalen Ernährung sollte stets vor jeder wei- lungssträngen Biogas, Lignocellulose sowie
teren stofflichen oder energetischen Nutzung Mikroalgen bereitgestellt. Daneben werden
stehen (SWIaCZnY und SCHULZ 2009). In der über ein Graduiertenprogramm und in der
Abbildung wird deutlich, dass sich dieses Begleitforschung weitere Impulse gesetzt.
oberste Ziel durch die Nutzung von Neben- Denn Forschung und Entwicklung sind die
und Restströmen sinnvoll mit der Herstellung Basis für den angestrebten Strukturwandel.
von weiteren qualitativ hochwertigen und
gleichzeitig wertschöpfungsrelevanten Pro- Die hier gewonnenen innovativen Lösungs-
dukten kombinieren lässt. So können zum ansätze dürfen aber nicht in den Laboren,
Beispiel auf der zweiten Nutzungsstufe aus Pilot- und Demonstrationsanlagen enden.
Nebenprodukten der Lebensmittelherstel- Obwohl es schon zahlreiche „Leuchttürme“
lung Futtermittel (z.B. Rapspresskuchen aus für erfolgreich praktizierte Bioökonomie in
der Rapsölproduktion) oder Inhaltsstoffe Baden-Württemberg gibt, haben die bioba-
(z.B. Eiweißhydrolysat) erzeugt werden. Auf sierten Produkte mit ihren Vorteilen, wie
der dritten Nutzungsstufe lassen sich dann Umwelt- und Gesundheitsfreundlichkeit so-
Plattformchemikalien gewinnen, die als Aus- wie hoher Gebrauchswert, noch keine Eigen-
gangsbasis für biobasierte Kunststoffe die- dynamik. Hier bedarf es noch einer gezielten
nen. Erst auf der vierten Stufe wird die ver- Förderung und verlässlicher Rahmenbedin-
bleibende Biomasse energetisch verwertet. gungen, damit sich dieser Markt stärker ent-
Um das Ziel der nahezu vollständigen Nut- wickelt.
zung des Gesamtwertschöpfungspotentials
von Biomasse zu erreichen, ist es darüber Gelingen kann dies durch einen breit angeleg-
hinaus auch notwendig, neue Technologien ten gesellschaftlichen Dialog, in dem agrar-
und intelligente Produkte zu entwickeln und und forstwirtschaftliche Themenfelder, die
innovative Lösungsansätze erfolgreich einzu- Biodiversität und die Beiträge der Bioökono-
führen. Diese Innovationsförderung sollte mie zum Umwelt- und Klimaschutz vermit-
technologieoffen, ohne Festlegung auf be- telt und diskutiert werden. Denn nur eine in- Bild 1
stimmte Rohstoffe, Verfahren oder Nut- formierte Gesellschaft wird den Nutzen von Beispiele für bereits heute aus
biobasierten Rohstoffen
zungspfade und mit großer Sorgfalt erfolgen. bioökonomischen Handlungsweisen erken- hergestellte Produkte.
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