Page 24 - Landinfo Heft 2/2018 Schwerpunkt 150 Jahre Weinsberg
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Betrieb und Markt
Rudolf Bertram
Bioökonomie in Baden-Württemberg
- Wertschöpfung mit Zukunft
Bioökonomie, ein Begriff der immer häufiger in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft erscheint. Die
Europäische Union beziffert den jährlichen Umsatz dieses Bereichs auf rund zwei Billionen Euro und
bezieht etwa 22 Millionen Menschen – zum großen Teil in ländlichen und küstennahen Gebieten – in
die Bioökonomie mit ein.
Was wird unter Bioökonomie Bioenergie umgewandelt werden. Mit einbe-
verstanden und was soll damit zogen werden auch die Rest- und Nebenströ-
erreicht werden? me, die bei allen Produktionen anfallen.
ioökonomie ist die Vision, eine an natür- Zahlreiche Wirtschaftssektoren, angefangen
Blichen Stoffkreisläufen orientierte, nach- bei der Land- und Forstwirtschaft, Fischerei
haltige bio-basierte Wirtschaft zu entwickeln und Aquakultur, die Lebensmittelbranche, die
und auf dieser Basis sowohl die globale Er- gesamte Holzverarbeitung und viele mehr, bis
nährung als auch die Versorgung mit Energie- hin zu Teilen der Chemie und der Energie
trägern und nachwachsenden Rohstoffen für werden zur Bioökonomie gezählt.
vielfältige Industriezweige und Anwendun-
gen sicherzustellen. Gleichzeitig soll sie einen Für den ländlichen Raum eröffnen sich dar-
Beitrag zur Lösung unserer ökologischen He- aus prinzipiell neue Wege für eine Nutzung
rausforderungen wie Klimawandel und Ar- nachwachsender Ressourcen in der industri-
tenschwund sowie zum Erhalt unserer Kul- ellen Prozesstechnik.
turlandschaft leisten.
Sicher ist es noch schwer vorstellbar, dass un-
Abbildung 1
Verdeutlichung eines natürlichen Bioökonomie ist somit die Produktion erneu- ser heutiges Wirtschaftssystem ohne die fos-
Stoffkreislaufs am Beispiel des erbarer, biologischer Ressourcen, welche in silen Rohstoffe Erdöl, Erdgas und Kohle
Kohlenstoffs. Produkte mit einem Mehrwert wie Lebens- funktionieren soll. Doch zeigt ein Blick in die
Quelle: Bioökonomie in
Deutschland, BMEL, 2014 mittel, Futtermittel, biobasierte Produkte und Geschichte, dass vor der Entdeckung der fos-
silen Rohstoffe die Natur den Menschen über
Jahrhunderte hinweg gelehrt hat, die vorhan-
denen organischen Rohstoffe sinnvoll, effizi-
ent und nachhaltig zu nutzen. Die besten Bei-
spiele sind hierfür der Hausbau mit Holz und
natürlichen Dämmstoffen wie Schafwolle
oder die Herstellung von Garnen aus Faser-
pflanzen wie Hanf oder der Fasernessel. Bio-
ökonomie stellt somit keinen neuen Wirt-
schaftszweig dar, sondern ist vielmehr eine
Rückbesinnung auf längst vorhandenes und
teilweise in Vergessenheit geratenes Wissen.
Reicht die vorhandene Biomasse zur
Deckung aller Bedürfnisse aus?
Der überwiegende Einsatz nachwachsender
Rohstoffe garantiert per se weder eine nach-
haltige wirtschaftliche Entwicklung noch er-
zeugt er zwingend volkswirtschaftliche Mehr-
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