Page 13 - Landinfo Heft 3/2018 - Hochschultag - Biodiversität in der Landwirtschaft
P. 13
Landwirtschaftlicher Hochschultag 2018
Prof. Dr. Martin Elsäßer
Grünlandnutzung und Biodiversität
– Synergien und Antagonismen
Grünland ist nicht gleich Grünland – Grünland selbst ist in höchstem Maße divers, denn je nach
Standort und Nutzungsart und -intensität verändern sich die floristische und faunistische
Zusammensetzung. Damit sind auch die Funktionen von Grünland in Abhängigkeit von der jeweiligen
Art und Intensität der Nutzung unterschiedlich (Tab. 1).
emäß einer Definition von Breunig (2014) dia. Und während der eine Betrachter sich danach
Gbedeutet biologische Vielfalt nicht, dass sehnt, die „blaue Blume zu entdecken“ (Novalis,
überall möglichst viele Arten wachsen, sondern Heinrich von Ofterdingen) war man auch früher
dass jede Region ihre regionalspezifische und je- schon historisch betrachtet, nicht stets über jede
der Ort seine lokalspezifische Flora besitzt. Aller- Art von biodiversem Grünland begeistert. So
dings ist der Wert den man der Biodiversität bei- schreibt zumindest Shakespeare in Heinrich V.:
misst nicht einfach und vor allem nicht generali- „Die ebenmäßige Wiese, die einst so süß geblüht,
sierend zu ermitteln. Zumindest die einfache mit neckischer Sumpfdotterblume, Wiesenknopf
Aussage „je höher die Artenzahl, umso wertvoller und grünem Klee, die Sense suchend, alles unge-
ist Grünland“, lässt sich nicht ohne weiteres so bändigt, wild empfangen durch Müßiggang.
beibehalten. Es kommt auf den Wert an, den Ein- Nichts trägt mehr Früchte außer hassenswertem
zelne oder ganze Gruppen von Individuen dem Ampfer, rauen Disteln, Kletten – dahin sind
Grünland beimessen. Die Bedeutung des Wertbe- Schönheit und Nützlichkeit.“ Aber nicht nur die Tabelle 1
griffs verändert sich, je nachdem, ob die Wertzu- Verwendung von Grünland oder der Wert der ihm Ökologische und
schreibung durch Einzelne, durch soziale Akteure beigemessen wird, sind unterschiedlich, auch ökonomische Kennzeichen
oder von einer Gesellschaft erfolgt und ob sie als Grünland selbst ist äußerst variabel. Grünland unterschiedlichen Grünlandes
(ElsässEr, 2018 basierend auf
objektive Erkenntnis oder subjektive Haltung ver- kommt jedoch hinsichtlich der Artenvielfalt eine JEdickE, 2014 und BriEmlE und
standen werden. So steht es zumindest in Wikipe- entscheidende Rolle zu. ElsässEr, 1997)
Leistung Biotopgrünland Extensivgrünland Mittelintensives Grünland Intensivgrünland
Wasserrückhalt und ++ ++ + +
Hochwasserschutz
Erosionsschutz + ++ +/++ +/++
Erhalt der Bodenfrucht- ++ ++ + +/0
barkeit
Kohlenstofffixierung ++ ++ + -/+
Bioindikation ++ + (+) --
Wasserreinigung ++ ++ + 0
Pflanzenarten bis zu >60 bis zu >60 10-25 5-15
Ertrag (dt MT/ha) kaum landw. Nutzung <35-50 35-70 70-130
Verwertung des Kaum ldw. Nutzung; Heu; sofern keine Gift- Heu; Max. 20% für Auf- Milchviehfutter
Aufwuchses Verwendung allenfalls pflanzen enthalten zucht im Milchviehbetrieb,
als Einstreu Mutterkühe und Pferde Biogassubstrat
Auswirkungen auf die ++ ++ + Starke Nährstoff-
Fauna (z.B. Bienen finden zufuhr beeinflusst
lange Zeit Nahrung) das Edaphon
Landinfo 3 | 2018 13