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Gartenbau und Sonderkulturen
Dr. Christine Dieckhoff, Lukas Bächlin
Weichwanzen als Schadwanzen –
hohes Schadpotential altbekannter
Arten
Schadwanzen in landwirtschaftlichen und gärtnerischen Kultu-
ren sind seit Langem ein Dauerproblem im integrierten und
ökologischen Anbau. Verantwortlich sind aber nicht nur invasive
Baumwanzenarten. Auch zahlreiche heimische Arten in der Fa-
milie der Weichwanzen (Miridae) und Bodenwanzen (Lygaeidae)
sind wichtige Schädlinge in Fruchtgemüse, Obst, Zierpflanzen
und Baumschulen.
Bild 1: Die Trübe Wiesenwan- hr Schadpotential ist enorm, da durch deren chen Familien erstrecken kann. Darunter be-
ze (Lygus rugulipennis) – Ima- ISaugtätigkeit frisches Pflanzengewebe und finden sich Wildpflanzen (z. B. Kräuter,
go Triebspitzen absterben sowie bei heranreifen- Laubgehölze) als auch diverse Kulturarten,
den Früchten Deformationen entstehen. u.a. Luzerne, Klee, Raps, Möhre, Sellerie,
Quelle aller Bilder: Klaus Dies kann zu hohen Ertragsverlusten bis hin Gurke, Aubergine, Paprika und verschiedene
Schrameyer / LTZ zum Kulturverlust führen. Zierpflanzen. Für die Trübe Wiesenwanze
(Lygus rugulipennis) (Bild 1) sind beispielsweise
437 Wirtspflanzenarten in 57 Familien be-
Bedeutenden Schadwanzenarten kannt. Kurioserweise können sich die Nym-
phen auch räuberisch von Insekteneiern und
Die Wiesenwanze (Lygus pratensis) (Bild 2) kleinen Insekten ernähren. Könnte der
Bild 2: Die Gemeine Wiesen-
wanze (Lygus pratensis) auf wurde einer Untersuchung von Otto Kauf- Schädling also gleichermaßen ein Nützling
Brokkoli mann aus dem Jahr 1936 zufolge als mögli- sein?
cher Virusüberträger in Rübsen, Raps und
Kohlrüben identifiziert. Inwieweit diese oder Die Gepunktete Nesselwanze (Liocoris tripus-
weitere Arten aktuell eine Rolle als Vektoren tulatus) (Bild 3) hat vor einigen Jahren ihren
für Krankheiten spielen, muss eingehender Wirtspflanzenkreis erweitert. Ursprünglich
untersucht werden. 1969 hatte ReinholD auf Brennnessel (Urtica spp.) spezialisiert, ist
Bech bereits die Biologie und Ökologie ver- sie mittlerweile regelmäßig in Erdbeer- und
schiedener phytophager Lygus-Arten be- Fruchtgemüsekulturen anzutreffen.
schrieben, die ‚erheblichen Schaden‘ in Kul-
turpflanzen verursachen. Auch wenn die un-
tersuchten Arten zwischenzeitlich zum Teil Schadwirkung
taxonomisch neu eingeordnet wurden, die
Aktualität und Brisanz von Lygus & Co. im Die Nymphen und Adulten der genannten
Erwerbsanbau bleibt bestehen. Arten saugen bevorzugt an jungem Pflanzen-
gewebe, wie Sproßspitzen und Knospen, so-
Zu den wirtschaftlich relevanten phytopha- wie an Früchten und in der Nähe der Blatt-
gen Arten gehören beispielsweise Vertreter adern. Durch die Saugtätigkeit stirbt das Ge-
aus den Gattungen Lygus, Liocoris, Lygocoris webe ab, wodurch es zu Blütenfall und Ver-
bzw. Orthops (Familie der Weichwanzen) so- formungen von Trieben und Früchten (Bild 4
wie Arten der Gattung Nysius (Familie der und 5) sowie Löchern in den Blättern kom-
Bodenwanzen). Viele dieser Arten haben ein men kann. Durch den Eiablagevorgang wird
breites Wirtspflanzenspektrum, das sich über das Pflanzengewebe zusätzlich geschädigt.
mehrere hundert Pflanzenarten in zahlrei- Die oval-länglichen Eier werden meist einzeln
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