Page 23 - Landinfo 3/2020 Schwerpunkt WBI Freiburg
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Schwerpunktthema
wurden hierfür noch manuell mit einfachen Bild 3: Mechanischer
Wetterstationen erfasst. Mitte der 70er sowie Blattnässeschreiber der Firma
Lufft, Fellbach; Foto : Fa. Lufft
Anfang der 80er Jahre ermöglichten es ver-
schiedene wissenschaftliche Arbeiten neue
biologische Modelle und Bekämpfungsstrate-
gien für die Rebenperonspora zu erstellen.
Beispielhaft sind hier die Dissertationen von
Dr. Marlene Blaeser ((Untersuchungen zur
Epidemiologie des Falschen Mehltaus an
Weinreben Plasmopara viticola (Berk. & Curt.
ex de Bary) Berl. & de Tony)) sowie Dr. Klaus
Gehmann ((Untersuchungen zur Epidemio-
logie und Bekämpfung des Falschen Mehltaus
der Weinrebe, verursacht durch Plasmopara
viticola (Berk. & Curt. ex de Bary) Berl. & de
Toni)) und deren Publikationen genannt. Da-
mals erfolgte die Erfassung der Wetterdaten
noch mit mechanischen Blattnässeschreibern
(Bild 3) und Regenmessern.
Entwicklung und Verbreitung von Prognose-
verfahren. Das WBI ergriff Anfang der
Digitale Wetterdaten und Prognose 2000er Jahre die Chance, das Internet für den
Wissenstransfer im Bereich des Rebschutzes
Die digitale Messung und Verarbeitung der in Baden-Württemberg konsequent zu nut-
Daten eröffnete ab Mitte der 80er Jahre völlig zen. Die Vision war es, wissenschaftliche Er-
neue Möglichkeiten für die Entwicklung von gebnisse der Praxis möglichst schnell zur Ver-
Prognosemodellen. Die Firma Berghof aus fügung zu stellen. Im Jahr 2002 wurde die
Ehingen entwickelte mit Hilfe des Staatlichen erste Version des Prognosemodells „VitiMe-
Weinbauinstituts (WBI) die erste Version der teo Plasmopara“ vom WBI Freiburg und Ag-
elektronischen Kleinwetterstation BIOMAT roscope (Schweiz) in Kooperation mit der
PWG (PWG = Peronosporawarngerät) (Bild Firma GEOsens GmbH (Schallstadt) pro-
4a). Das Gerät erfasste Wetterdaten und be- grammiert. Die Software für die Prognose
rechnete daraus mögliche Ausbruchs- und des Falschen Rebenmehltaus (Plasmopara
Infektionsbedingungen vom Falschen Mehl- viticola) basierte sowohl auf Daten von Karl
tau. In mehrjährigen Freilandstudien wurde Müller als auch auf den damals neuesten For-
auf Basis der Peronosporawarngeräte am schungsergebnissen zum Infektionskreislauf.
WBI eine Strategie zur gezielten Bekämpfung In der Folge wurden von den o.g. Kooperati-
des Falschen Mehltaus entwickelt. Anfang der onspartnern sukzessive weitere „VitiMeteo-
90er Jahre wurden weit über 100 BIOMAT Prognosemodelle“ für die wirtschaftlich be-
PWGs in Baden zur Eindämmung der Reben- deutendsten Krankheiten und Schädlinge in
peronospora genutzt. In der weiterentwickel- sehr enger Zusammenarbeit mit Wissen-
ten Version BIOMAT 3 (Bild 4b) war bereits schaftler*innen anderer Institute entwickelt.
ein Oidiumrisikomodell OIDIAG von Dr. Die Experten-Software der Modelle wurde
Walter Kast von der Staatlichen Lehr- und bei Bedarf angepasst und verbessert. Ab dem
Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau Jahr 2009 wurden Wetterprognosedaten in
Weinsberg (LVWO Weinsberg) integriert. die Modelle eingerechnet.
Ebenso beinhaltete das Gerät einen Algorith-
mus zur optimalen Bekämpfung des Trau- Die Verknüpfung der Wetterprognose mit al-
benwicklers mit der sogenannten „T 11C - len Modellen markierte einen Meilenstein in
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Methode nach Dr. Günter Schruft vom WBI. der Entwicklung des Systems. Damit konnten
Temperatursummen, Infektionsrisiken, Blatt-
flächenzuwächse etc. prognostiziert werden.
Nutzung des Internets für Es waren somit erstmals echte Vorhersagen
Prognoseverfahren im Bereich des Rebschutzes möglich. Im Ver-
lauf der Zeit hat sich „VitiMeteo“ zu einer
Mit der breiten Nutzung des Internets be- bewährten Internetplattform für Prognose-
gann auch eine neue Zeitrechnung für die modelle für den Weinbau entwickelt. Über die
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