Page 14 - Landinfo Heft 5/2019 Digitalisierung
P. 14
Schwerunktthema
Produkte für die Landwirtschaft
Um aus den gemessenen Rohdaten Produkte für die
Landwirtschaft zu erzeugen, sind verschiedene Pro-
zessierungsschritte notwendig. Wolken können die
Erdoberfläche beim Blick aus dem All verdecken und
der Einfluss der Atmosphäre muss rechnerisch auch
in wolkenfreien Bereichen berücksichtigt werden.
Nach Korrekturen erhält man Bereiche mit gültigen
und vergleichbaren Bilddaten, aus denen spezifische
Indizes errechnet werden können. Vegetationsindi-
zes wie der weit verbreitete NDVI (normalized diffe-
rential vegetation index) liefern Aussagen über die
Vitalität und Biomasse eines Bestandes. So kann auf
den Zustand der Pflanzen geschlossen werden und
Unterschiede lassen sich räumlich differenziert er-
kennen: einzelne Schläge können in ihrer Heteroge-
nität beurteilt werden. Einzelne Szenen, die an ei-
nem Tag erfasst wurden, liefern einen Ist-Zustand,
der im folgenden Zeitraum für das Management ge-
Abb. 2: Ein Vegetationsindex
zeigt große Unterschiede in nutzt werden kann. Die Verfügbarkeit ist natürlich
der Biomasseverteilung auch von der Wetterlage abhängig und es gibt keine Ga-
innerhalb von einzelnen rantie für wolkenfreie Bilder zu einem bestimmten
Schlägen auf und kann für Copernicus, das europäische Zeitpunkt. Nach Ableitung von Managementzonen
eine gezielte Anpassung von Programm hat man Karten für Precision Farming Technik, mit
Maßnahmen genutzt werden.
Bild: Martin Weis, Contains der die Maßnahmen innerhalb des Schlages variiert
modified Copernicus Sentinel Für die Landwirtschaft sind aktuell die europäischen werden können: beispielsweise können die Dünge-
data 2018 Sentinel-Satelliten des Copernicus Programmes von mengen an die aktuelle Situation angepasst werden.
Interesse, da die Daten frei zugänglich sind und die Abbildung 2 zeigt den Vegetationsindex NDVI für
Missionen noch längerfristig bis in die 30er Jahre einen Zeitpunkt im trockenen Sommer 2018. Dort
fortgeführt werden. Die Sentinel-2 Satelliten bieten prägten sich zu Mitte August Bodenunterschiede
eine Bodenauflösung von bis zu 10 m und liefern und damit die Wasserverfügbarkeit besonders stark
wiederkehrend alle drei bis fünf Tage Bilddaten. Das aus, große Unterschiede sind klar innerhalb von
Sensorsystem hat speziell für die Vegetation einiges Schlägen mit Mais zu erkennen. Die bogenförmige
zu bieten: die Spektralbereiche reichen vom sichtba- Struktur in der Biomasseverteilung zeigt in diesem
ren Licht bis in den infraroten Bereich hinein. Fall sandige bis kiesige Bodenverhältnisse in einen
ehemaligen Mäander des Rheins.
Die Photosynthese prägt die Reflektion des Lichts
und lässt sich besonders gut im roten bis infraroten Variable Standortbedingungen können jedoch gut
Bereich untersuchen, da rotes Licht absorbiert wird über längere Zeit beobachtet werden und entspre-
und infrarotes Licht von Pflanzen stark reflektiert chende Auswertungen lassen Rückschlüsse auf Er-
wird. Der Bereich der “roten Kante”, dem Anstieg tragspotenziale zu. Solche Ertragspotenzialkarten
der Reflektion zwischen Rot- und Infrarotbereich, ist lassen sich nutzen, um das Management im Laufe der
im Instrument des Sentinel-2 abgedeckt. In Abbil- Saison anzupassen. An dieser Stelle ist immer noch
dung 1 kann man erkennen, dass die Sensititivität des der Fachmann gefragt, der die Gründe für die Unter-
Instrumentes gut die spezifischen Bereiche der typi- schiede aus Erfahrung kennt und einschätzen kann.
schen Reflektion von Vegetation abdeckt. Die Anpassung der Strategie basiert also nicht allein
auf Kartendaten, sondern erfolgt unter Berücksichti-
Die Satellitenbilder der Copernicus-Mission stehen gung der lokalen Verhältnisse. Produkte aus kurzfris-
unter einer freien Lizenz für alle Arten von Anwen- tigen und langfristigen Beobachtungen bieten inzwi-
dern zur Verfügung. In einem Anwendungsfall des schen verschiedene Anbieter für die Landwirtschaft
laufenden EU-Projektes Open Forecast wird die Pro- an. Die meisten Angebote können als Webservice
zessierung der Daten durchgeführt und die berech- oder als App für Mobilgeräte genutzt werden, oder
Dr. Martin Weis neten Produkte werden wiederum als Open Data in es existiert eine Einbindung durch Schlagkarteien.
LTZ Ref. 11 Rheinstetten Form von Geodatendiensten bereitgestellt. Mit aktuellen agronomischen Terminals lassen sich
Tel.: 0721 / 9518-207 angebotene Kartendownloads im Shape- oder ISO-
martin.weis@ltz.bwl.de XML-Format nutzen.
14 Landinfo 5 | 2019