Page 19 - Landinfo1_2025_Full_Final_e_paper
P. 19

Soziale Landwirtschaft























       Bild 2 und 3: Das weiche Fell der Schafe bietet eine angenehme sensorische Erfahrung (links). Begegnung zwischen Kursteilnehmenden
       und Schafen (rechts); Quelle: Andrea Göhring


       Während Hühner eine beruhigende Wirkung auf Kinder mit ADHS haben, kann ein Griff ins
       Schaffell Spastiken bei Menschen mit Schwerstmehrfachbehinderung lösen. Demenzbetroffe-
       ne fühlen sich mit Hühnern oft besonders verbunden und kommen ins Reden über vergange-
       ne Zeiten.“

       Hat sich das weitreichende Angebot der TGI als eigenständiger Betriebszweig be-
       währt?
       „Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, einen Ort zu schaffen, an dem Menschen in schwie-
       rigen Lebenssituationen den heilsamen Umgang mit Tieren in der Natur erfahren. Doch trotz
       enormem Engagement, unseren umfassenden Erfahrungen und der kontinuierlichen Weiter-
       bildung, war es bisher schwierig, eine gewinnbringende Zusammenarbeit zwischen den Ein-
       richtungen und mir als Fachkraft für TGI zu erwirken. Denn der Unterhalt der Tiere ist kost-
       spielig und Pflegeleistungen mit Schaf und Kuh gibt es noch nicht auf Rezept. Um den Be-
       triebszweig zu festigen, wurde 2019 der Förderverein Bauernhoftiere bewegen Menschen e.V.
       gegründet. Über diesen ist es uns möglich, Mitgliedsbeiträge einzunehmen und Spendenanträ-
       ge zu stellen.“

       Seit 2020 bietest du eine von der International Society for Animal Assisted Therapy
       (ISAAT) zertifizierte Weiterbildung zur „Fachkraft für den Einsatz von Bauernhoftie-
       ren in Therapie und Pädagogik“ an. Darf  ein Landwirt oder eine Landwirtin nach
       erfolgreicher Weiterbildung mit eigenen Klientinnen und Klienten arbeiten?
       „Die TGI ist keine eigenständige Therapieform, sie ergänzt „nur“ die klassischen Therapie-
       verfahren (wie z. B. Ergotherapie oder Psychotherapie). Die Tiere werden also im jeweiligen
       Berufsfeld unterstützend eingesetzt. Somit wird deutlich, dass jeder, der diese Weiterbildung
       absolvieren möchte, ein Studium oder eine Berufsausbildung in einem therapeutischen, päda-
       gogischen, sozialen, medizinischen oder pflegerischen Bereich oder praktische Erfahrungen in
       einem entsprechenden Berufsfeld haben muss. Das Besondere an der Weiterbildung ist, dass
       diese auch Bäuerinnen und Bauern offensteht, die diese Grundvoraussetzung nicht erfüllen,
       sich jedoch „verpflichten“ nach erfolgreichem Abschluss mit pädagogischen oder therapeuti-
       schen Fachkräften zusammenzuarbeiten, um alle notwendigen Qualifikationen abzudecken.
       Das Tierschutzgesetz gibt zudem einen rechtlichen Rahmen vor.“

       Zum Abschluss: Welche deiner zahlreichen Auszeichnungen bedeutet dir am meisten?
       „Ehrlich gesagt bedeutet mir der Landes-Tierschutzpreis des MLR, den ich 2023 erhalten habe,
       am meisten und ich bin stolz, alle notwendigen Kriterien zu erfüllen. Alle Auszeichnungen
       bestätigen, dass die tiergestützte Arbeit auf dem Bauernhof einen innovativen und nachhalti-
       gen Ansatz leisten kann. Noch stecken soziale Arbeitsfelder auf den Höfen in den Kinderschu-  Kathrin Riepe
       hen. Aber Zukunft haben sie auf jeden Fall.“                                      LRA Waldshut
                                                                                         Tel.: 07751 / 86 - 5335
       Vielen Dank für das Interview!                                                   kathrin.riepe@landkreis-
                                                                                         waldshut.de


       Landinfo 1 | 2025                                                                                     19
   14   15   16   17   18   19   20   21   22   23   24