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Tierhaltung und Tierwohl
Dr. Thomas Pyczak
Das staatliche Tierwohlkennzeichen
Konzeption und Stand des Rechtsetzungsverfahrens
Zur Entstehungsgeschichte des das auf der Agrar-Amtschefkonferenz im Ja-
Tierwohlkennzeichens nuar 2017 in Berlin vorgestellt wurde.
Die Überlegungen zur Einführung eines Tier- Die AMK im April 2018 hat die Vorreiterrol-
wohlkennzeichens für Fleisch und Fleisch- le Deutschlands beim Tierwohl und beim
produkte haben bereits eine längere Vorge- Aufbau einer staatlichen Kennzeichnung für
schichte. Bereits in die Agrarministerkonfe- Fleisch aus besserer Haltung ausdrücklich ge-
renz (AMK) am 5. September 2014 hatte billigt. Das BMEL wurde beauftragt, „unter
Baden-Württemberg den Vorschlag einge- Beteiligung der Länder die rechtliche Ausge-
bracht, eine verpflichtende Kennzeichnung staltung von verbindlichen Kriterien zur nati-
der Tierhaltungsform auf Fleischpackungen onalen Regelung zur Kennzeichnung der
in Anlehnung an die Eierkennzeichnung ein- Tierhaltungsform auf Frischfleisch unter Be-
zuführen. Der Entwurf sah die Kennzeich- rücksichtigung teilweise bereits bestehender
nung in vier Stufen vor: EU-rechtlicher Vorgaben sowie vorhandener
Kriterien von Brancheninitiativen und Labels
0 = Ökologische Tierhaltung (mind. EU- zunächst für Schweine-und Geflügelfleisch
BIO) zu entwerfen und der Herbst-AMK 2018 vor-
zulegen.“
1 = wie 2, zusätzlich Auslauf ins Freie
Parallel dazu sollte das BMEL Gespräche mit
2 = mehr Platz im Stall und erhöhte An- der EU-Kommission aufzunehmen
forderungen an die Haltungseinrich-
tung • um eine unionsweite verpflichtende Kenn-
zeichnung anzuregen und zu schaffen,
3 = tierschutzrechtliche Mindestanforde-
rungen • zu prüfen, inwieweit sich die Kennzeich-
nung auch auf Verarbeitungsprodukte aus-
Dieser Vorschlag konnte sich nicht durchset- weiten lässt,
zen.
• zu prüfen, inwieweit sich die Kennzeich-
Die Verbraucherschutzministerkonferenz nung der Tierhaltung auch auf die Her-
(VSMK) hat am 22.April 2016 folgenden Be- kunft ausweiten lässt.
schluss gefasst:
Das Ministerium für Ländlichen Raum und
„Der Bund wird gebeten, gemeinsam mit den Verbraucherschutz Baden-Württemberg
Ländern einen EU-rechtskonformen Vor- (MLR) hat 2016 ein Gutachten zur EU-
schlag zur Einführung einer zunächst natio- rechtskonformen Umsetzbarkeit der Tier-
nalen Tierhaltungskennzeichnungsregelung wohl-Kennzeichnung erstellen lassen, das
für Frischfleisch unter Berücksichtigung der Ergebnis wurde auch veröffentlicht .
1
bereits vorhandenen Kennzeichnungen zu
erarbeiten.“
1 Gundel, J.: Europarechtliche Anforde-
Das Bundesministerium für Ernährung und rungen an eine verbindliche nationale Tierwohl-
Landwirtschaft (BMEL) erarbeitete nachfol- Kennzeichnung, in: Zeitschrift für das gesamte
gend mit den Ländern ein Eckpunktepapier, Lebensmittelrecht (ZLR) 6/2016, S. 750 – 770
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