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Wie ist der Ablauf eines Warentermingeschäftes ?

(Beispiel Schlachtschweinekontrakt)

Jeder, der am Terminmarkt handeln möchte, muss zunächst Kontakt zu einem der zugelassenen Broker aufnehmen und ein spezielles Geschäftskonto für die Termingeschäfte eröffnen. Außerdem muss der Kunde gegenüber dem Broker eine Termingeschäftsfähigkeitserklärung sowie Auskünfte über Einkommen und Vermögen abgeben. Vor dem Kauf oder Verkauf eines Kontraktes muss der Kunde dann auf dem Geschäftskonto den Initial-Margin hinterlegen, deren Höhe von der Börse festgelegt wird. Nachdem die formalen Voraussetzungen erfüllt sind, führt der Broker den entsprechenden Kundenauftrag aus. Dazu gibt der Broker den Auftrag in das elektronische Handelssystem ein, wo der passende Kontraktpartner zugeordnet und der Terminkontrakt abgeschlossen wird. Rechtlich nimmt die WTB in ihrer Clearinghaus-Funktion als zentraler Vertragspartner die Gegenposition zu jedem Kontrakt ein. Nach der Registrierung des Geschäftsabschlusses an der Börse, bestätigt der beauftragte Broker dem Kunden die Auftragserfüllung.


Tab. 5: Spezifikation eines Schlachtschweinekontraktes an der WTB Hannover (Stand 05.03.04)

Spezifikation

Beschreibung

Gehandelte Einheit

Lebende Schweine mit einem Schlachtgewicht (SG) von insgesamt 8.000 kg und einem Muskelfleischanteil (MFA) von 56 %.

Lieferbare Ware

Sanktionsfrei lieferbar sind Mastschweine entsprechend der VVO, von denen der Durchschnitt der Partie die beiden folgenden Bedingungen erfüllen muss:

a) MFA von 50 - 59 %,

b) Einzeltierschlachtgewicht von 85 - 100 kg

Die Partieberechnung erfolgt nach der von der WTB für diesen Kontrakt festgelegten WTB-Maske (neue Nordwestmaske).

Notierung

€/kg SG auf drei Dezimalstellen

Tick (Größe und Wert)

0,001 €, d.h. 8 € je Kontrakt

Lieferwochen

Die jeweils letzte volle Woche der nächsten 11 Monate

Letzter Handelstag

Der vorletzte Börsentag vor der Lieferwoche

Liefertag

Der Käufer bestimmt am letzten Börsentag vor der Lieferwoche den Liefertag auf einen Tag in der Folgewoche

Lieferort

Der Käufer hat die Wahl zwischen den autorisierten Schlachtstätten in Deutschland. Es erfolgt ein Frachtausgleich auf Basis der Entfernungen nach Münster/Westfalen. Der Frachtsatz beträgt derzeit 1,50 € pro Kilometer. Der Eigentumsübergang erfolgt an der Rampe der Schlachtstätte.

Handelszeiten

9.55 Uhr bis 16.00 Uhr

Initial Margin

480 € pro Kontrakt auf Clearing-Haus Ebene.

Transaktionsentgelt

10 € pro Halfturn / 20 € pro Roundturn


Bei einem Abschluss (Verkauf) eines Schlachtschweinekontraktes an der WTB Hannover beträgt der Initial Margin (Ersteinschuss) je Kontrakt 480 €, die Maklergebühren 74 € und das Traktionsentgelt (Roundturn) 20 €, d.h. es fallen ca. 0,01 €/kg SG Gebühren an.

Bei steigendem Kurs wird vom Broker durch einen Margin Call ein Nachschuss abgerufen, deshalb sollte diesem ein Dispositionsguthaben zur Verfügung gestellt werden, um unnötige Verwaltungsarbeit zu vermeiden. Fällt der Kurs, erfolgt eine Gutschrift (gegenseitige Verrechnung). Durch diese Regelung sind Kursunterschiede bei Glattstellung des Kontraktes bereits ausgeglichen. Gewinne oder Verluste an der Börse werden täglich ausgeglichen. Damit wird verhindert, dass ein Teilnehmer durch hohe aufgelaufene Verluste zahlungsunfähig wird. Während der Laufzeit des Kontraktes sind u.U. zusätzliche liquide Geldmittel bereitzuhalten.

Als Kontrakthalter ist der Kunde der Preisentwicklung des Terminmarktes, d.h. je nach Angebot und Nachfrage Kursschwankungen ausgesetzt, die sich direkt auf sein Marginkonto (Geschäftskonto) auswirken. An der WTB wird täglich ein Schusskurs (Settlement) berechnet, mit dem ursprünglichen Wert (Vortageswert) des Kontraktes verglichen und auf dem Marginkonto des Kunden entsprechende Gut- oder Lastschriften verbucht. Das Geschäftskonto muss dabei immer eine bestimmte Mindestdeckung aufweisen.


Tab. 6: Auswirkungen von Kursschwankungen

Marginkonto Käufer (Händler)

Basisgut: 8.000 kg SG (± 250 kg, 56 % MFA)

Marginkonto Verkäufer (Landwirt)

Mindestbetrag
(bleibt immer stehen!)

480 €

Kauf / Verkauf
Kurs 1,350 €/kg SG

Mindestbetrag
(bleibt immer stehen!)

480 €

Gutschrift

+ 200 €


 

1.Tag: Schlusskurs 1,375 €/kg SG
Gewinn-/Verlustausgleich

(8.000 kg SG x 0,025 €/kg)

Lastschrift
Margin Call

- 200 €
- 200 €

680 €

aktueller Kontostand

480 €

Lastschrift
Margin Call

- 400 €
- 200 €

2.Tag: Schlusskurs 1,325 €/kg SG
Gewinn-/Verlustausgleich
(8.000 kg SG x 0,05 €/kg)

Gutschrift

+ 400 €


480 €

aktueller Kontostand

880 €

Gutschrift

+ 1.400 €

3.Tag: Schlusskurs 1,500 €/kg SG
Gewinn-/Verlustausgleich
(8.000 kg SG x 0,175 €/kg)

Lastschrift
Margin Call

- 1.400 €
- 1.000 €

1.880 €

aktueller Kontostand

480 €

 

4.Tag: Schlusskurs ...

 



Steigt der Kurs (eigentlich günstig für den Landwirt), macht der Verkäufer (Landwirt) zunächst (im laufenden Kontrakt) Verluste (und umgekehrt), da durch den gestiegenen Kurs der eigentlich angestrebte Rückkauf des Kontraktes teurer wird. Bei fallenden Kursen macht der Verkäufer Börsengewinne. Der Gang an die WTB in Niedrigpreisphasen in der Hoffnung auf bessere Preise kann deshalb zum Bumerang werden. Steigt der Börsenkurs, muss der Landwirt Geld nachschießen. Das bedeutet, dass liquide Mittel in nicht unerheblichem Umfang gebunden werden oder teuer beschafft werden müssen. Diese Mittel werden erst wieder freigesetzt, wenn beim tatsächlichen Verkauf der Tiere (am Kassamarkt) der höhere Preis realisiert wird. In Hochpreisphasen ist das Risiko steigender Kurse gering.

Wenn der Kontrakt nicht bis zum letzten Handelstag vor der Lieferwoche glattgestellt ist, muss die Ware geliefert (die Belieferung von Kontrakten ist die Ausnahme) bzw. abgenommen werden. Der Käufer benennt am letzten Börsentag (Notifizierungstag - in der Regel Freitag) vor der Lieferwoche der Clearingbank den Liefertag, die Uhrzeit und den Lieferort (eine von der WTB autorisierte Schlachtstätte in Deutschland). Der Verkäufer meldet am letzten Börsentag den Verladeort der Schweine. Er transportiert die Schweine zum Lieferort. Der Eigentumsübergang erfolgt an der Rampe der Schlachtstätte. Zentraler hypothetischer Lieferort ist (nach den Kontraktbedingungen) Münster. Bei abweichendem tatsächlichen Lieferort erhält der Verkäufer vom Käufer einen Frachtkostenausgleich.

Grundlage für den Abrechnungspreis ist der umsatzgewichtete Durchschnitt aus den letzten fünf an der WTB zustande gekommenen Preisen. Innerhalb der für den Kontrakt geltenden Grenzen (Gewicht, Muskelfleischanteil) wird nach der Nord-West-Maske (Stand 01.01.2002) abgerechnet. Eine Unter- oder Überschreitung des Gesamtgewichts je Kontrakt bzw. des vereinbarten Muskelfleischanteils führt zu Preisabschlägen (Tab. 7).


Tab. 7: Ausgleichszahlungen für Abweichungen von den Kontraktanforderungen

Abweichung vom Schlachtgewicht (8.000 kg)

Korrektur je kg

bis 250 kg

kein Abschlag

251 - 499 kg

0,25 €

500 - 999 kg

0,50 €

ab 1.000 kg

1,00 €

  • von der Fleischbeschau beanstandete Tiere oder Schlachtkörper gelten als nicht geliefert.
  • ein Abschlag von 10 % auf den Gesamtpreis der Partie wird fällig, wenn das durchschnittliche SG/Tier geringer als 85 kg oder höher als 100 kg ist.

Abweichung vom Muskelfleischanteil (50-59% MFA)

Korrektur je kg und angefangenem Prozentpunkt

47,0% bis 49,9% oder 59,1% bis 62,0%

0,03 €

weniger als 47,0% oder mehr als 62,0%

0,06 €


Da diese Abzüge erst nach der Preisermittlung nach der (aus südwest-deutscher Sicht) recht engen Nord-West-Maske erfolgen, wird bei Lieferung mit Sicherheit kein Spitzenpreis erzielt. Deshalb werden in aller Regel die Kontrakte nicht beliefert, sondern vor Fälligkeit glattgestellt. Die erzeugten Schweine erzielen am Kassamarkt bessere Preise.

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