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Tierhaltung und Tierwohl
• Die Öffentlichkeit sollte in Form von regi- Dazu empfiehlt das KNW eine Zeitschiene,
onalen Diskussionsforen eingebunden die es der Praxis ermöglichen soll, die An-
werden. passungen angesichts notwendiger Investitio-
nen vorzunehmen. Eine wesentliche flankie-
Corona hat vieles davon nicht oder nur sehr rende Maßnahme soll die Einführung eines
eingeschränkt zugelassen. staatlichen Tierwohlkennzeichens darstellen.
Die darin vorgesehene Stufe 1 soll ab 2030
gesetzlicher Standard, die Stufe 2 ab 2040 ge-
Kernpunkte der Empfehlungen setzlicher Standard werden, sodass der Trans-
formationsprozess bis zum Jahr 2040 abge-
Das KNW stellt seinen Empfehlungen einige schlossen und das dann deutlich höhere Tier-
allgemeine Aussagen voran. Es bringt dabei wohlniveau erreicht sein soll.
zum Ausdruck, dass eine erfolgreiche Nutz-
tierhaltung zwingend auf eine breite gesell-
schaftliche Akzeptanz angewiesen ist. Dazu Die Finanzierungsfrage
braucht die Tierhaltung in Deutschland einen
echten, weitreichenden Umbau der zu einer Nach Auffassung des KNW können diese
substanziellen Erhöhung des Tierwohlni- Ziele wegen der fehlenden Zahlungsbereit-
veaus bei möglichst geringen Umweltwirkun- schaft der Verbraucher nicht mit freiwilligen
gen führt. Gleichzeitig braucht die Nutztier- Maßnahmen alleine erreicht werden. Das
haltung aber auch eine wirtschaftliche Pers- KNW plädiert deshalb für wirkungsvolle För-
pektive. Deshalb soll das BMEL den Umbau derinstrumente sowohl bei der Investitions-
der Tierhaltung mit einer langfristigen Trans- förderung wie auch von begleitenden Tier-
formationsstrategie unterstützen. Dabei sind wohlprämien, vergleichbar in unserem
folgende Maßnahmen erforderlich: FAKT-Programm.
• Die Formulierung von Zielbildern für die Nach ersten Berechnungen werden für die
Entwicklung der Nutztierhaltung Investitionsförderung und die Tierwohlprä-
mien (stufenweise) bis zu 3 Mrd. € pro Jahr
• Die Bezifferung der Kosten für das in den erforderlich sein. Dabei wird vom KNW ein
Zielbildern formulierte Tierwohlniveau Anteil staatlicher Finanzierung von 80 bis
90 % vorgeschlagen. Zur Finanzierung wird
• Ein massiver und verlässlicher Ausbau der eine Verbrauchsteuer als eine mengenbezoge-
Tierwohlförderung als Ausgleich für die ne Abgabe auf tierische Erzeugnisse empfoh-
Kosten für das höhere Tierwohlniveau len. In den Empfehlungen werden hierfür
erste grobe Eckwerte genannt, die im Weite-
• Schnell wirksame Anpassungen des Ge- ren zu differenzieren sind. So wäre es etwa
nehmigungsrechts für Ställe für mehr Tier- denkbar, einen Satz von 40 Cent pro kg
wohl Fleisch und Fleischverarbeitungsprodukte, 2
Cent pro kg Milch und Frischmilchprodukte
Der inhaltlichen Ausgestaltung liegt der Leit- sowie Eier und 15 Cent pro kg Käse, Butter
gedanke zu Grunde, drei Tierwohlstufen zu und Milchpulver zu erheben.
formulieren, die über dem derzeitigen gesetz-
lichen Standard liegen und deren Erreichung
im Laufe des Transformationsprozesses an- Bundestag unterstützt Empfehlungen
gestrebt wird:
Am 3. Juli 2020 hat sich der Bundestag mit
• Stufe 1 „Stall plus“ Mehr Platz, mehr Be- dem Antrag der Regierungsfraktionen „Emp-
schäftigungsmaterial fehlungen des Kompetenznetzwerks Nutz-
tierhaltung konsequent umsetzen und Zu-
• Stufe 2 „Verbesserte Ställe“ - zusätzlicher kunftsperspektiven für die Tierhaltung in
Platz, Strukturierung, Klimazonen mög- Deutschland schaffen“ (DS 19/20617) be-
lichst mit Außenkontakt, teilweise Planbe- fasst. Dieser Antrag wurde mit großer Zu-
festigung stimmung, zum Teil auch über die Regie-
rungsfraktionen hinaus, angenommen. Der
• Stufe 3 „Premium“ - Mehr Platz als in Stu- Bundestag bringt dabei seine Unterstützung
fe 1 und 2; Auslauf bzw. Weidehaltung der Empfehlungen des KNW und gleichzei-
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